In eigener Sache

An dieser Stelle berichtet der Vorstand der Mollgenossenschaft eG zu aktuellen Themen.

ISEK-Fortsetzung der Nachbarschaftsrat bringt sich ein

ISEK steht für „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“. Für unser Quartier sind damit Maßnahmen gemeint, die bestehende Schwächen beseitigen und die Wohn- und Lebensqualität verbessern sollen. Zugleich ist damit auch versichert, dass der Ensembleschutz gewahrt bleibt. Zudem gibt es die Initiative, die gesamte Karl-Marx-Allee, das Hansaviertel und das Corbusierhaus als gemeinsames Weltkulturerbe des Bauens der Nachkriegsmoderne in Ost- und Westberlin auf die Liste der UNESCO zu bekommen.

Der Nachbarschaftsrat hat sich von Beginn an im Interesse der Bewohnerinnern und Bewohner mit Vorschlägen und Ideen eingebracht. Das ist mühselig, denn einfach ist es nicht, damit auch gehört zu werden. Es gibt ein umfangreiches Papier mit sehr konstruktiven Vorschlägen. Damit ist die Hoffnung verbunden, auch gehört zu werden. Die Vorschläge betreffen unter anderem die Bereiche Wohnen und Bevölkerung, Nahversorgung und Kultur, soziale Infrastruktur, Grün und Freiraum, Verkehr und Erschließung, Umwelt und Klima, Stadtgestalt und Stadtstruktur.

Sicher ist der Nachbarschaftsrat jenes Gremium, das am stärksten auf die Bedürfnisse und Belange der hier lebenden Menschen eingeht. Besonders in den Bereichen Grün, Freiraum, Nahversorgung, Klima kämpfen die Mitglieder darum, gehört zu werden. Immer wieder wird das Defizit an ambulanter medizinischer Versorgung thematisiert, werden Vorschläge unterbreitet, wie dem abzuhelfen ist.
Wer sich einigen, im Folgenden genannten Vorschlägen anschließen kann, hat die Möglichkeit, sich online bei der KoSP zu beteiligen: https://mein.berlin.de/projekte/isek-fortschreibung-fur-das-fordergebiet-kma-ii/

Vorschläge des Nachbarschaftsrates:

  • Nutzung der letzten in öffentlicher Hand verbliebenen Flächen und geplanten Gebäude für Gesundheitseinrichtungen, gastronomische Einrichtungen, Begegnungsstätten, die Möglichkeit sportlicher Betätigung (Pavillons, Haus Rat und Tat, Sporthalle Charlotte-Pfeffer-Schule, Campus Max-Planck-Gymnasium, wenn das Konzept denn endlich umgesetzt wird).
  • Ein Verkehrskonzept im Zusammenhang mit den langjährigen Bauarbeiten am Haus der Statistik auflegen, das die Belastung der Anwohnerstraße Berolinastraße vermeidet bzw. ausschließt.
  • Maßnahmen für Barrierefreiheit im öffentlichen Raum (z.B. mehr Ampeln, Verkehrsberuhigung, Geschwindigkeitsbegrenzung, Absenkung von Bordsteinen, Beseitigung von Stolperfallen auf Gehwegen).
  • Deckung des Bedarfs an Kita- und Schulplätzen, beispielsweise durch inklusive Konzepte für die Charlotte-Pfeffer-Schule.
  • Schaffung von Räumen für nachbarschaftliche Zusammenkünfte, Vereinsarbeit, Kinder-, Jugend- und Seniorenfreizeitangebote in einem der neu zu errichtenden Pavillons nach dem Vorbild „Kiezspinne“ Lichtenberg oder durch die Reduzierung von Büroflächen zugunsten solcher Nutzungen.
  • „Grünes Wohnzimmer“ für Anwohnerinnen und Anwohner an der Ecke Berolina-/Mollstraße.
  • Verbesserung des Baumbestandes, nachdem für Baumaßnahmen (zum Beispiel in der Schillingstraße) trotz vieler Proteste übermäßig viele alte Bäume gefällt wurden. Förderung der Biodiversität durch Pflanzung insektenfreundlicher Sträucher und Gehölze, von Obstbäumen und Wildobstarten. (Der Nachbarschaftsrat hat die in den vergangenen Jahren gefällten Bäume kartiert und um jeden einzelnen Baum gekämpft.)
  • Schulgebäude und -gelände als Treffpunkte für alle nutzbar machen.
  • Schaffung größerer, zusammenhängender beschatteter Flächen, Straßenränder entsiegeln, Baumscheiben als „Schwämme“ gestalten, Möglichkeiten für das Bewässern von Grünflächen schaffen, Trinkbrunnen installieren, dezentrale Regenwasserbewirtschaftung ermöglichen.
  • Neubauten sollten mit grünen Dächern, Solar oder vertikalem Grün versehen werden.
  • Öffentliche Toiletten (beispielsweise in der Nähe des Wasserspielplatzes) einrichten. Mehr Sitzgelegenheiten schaffen, mehr Abfallkörbe aufstellen.

Nur wenn sich möglichst viele Menschen an der Fortschreibung des ISEK beteiligen, besteht die Chance, dass die Belange und Anliegen der Bewohnerinnen und Bewohner auch ausreichend berücksichtigt werden. Machen Sie mit!
Gern auch beim Nachbarschaftsrat, der von unserer Genossenschaft durch Mitgliedschaft und tätige Hilfe unterstützt wird.

https://nachbarschaftsrat-kma.de/

Gedenkstein eine lange Geschichte

Hinter dem Block Mollstraße 8-11 steht seit langem ein Gedenkstein, der an den sogenannten Rabenstein erinnert, der einst und vermutlich auf dem Areal Strausberger Platz gestanden hat und dem Gedenken an einen Justiz-Massenmord im Jahr 1510 gewidmet war. Die »Berliner Zeitung« berichtete im vergangenen Jahr ausführlich über die Geschichte:

1510 befahl Kurfürst Joachim I., dass alle Juden Berlin und die Mark Brandenburg verlassen müssen, ihr Vermögen konfisziert wird. Vorausgegangen war dem, dass 38 jüdische Menschen eines Hostienfrevels und Ritualmordes angeklagt und verbrannt worden waren. Viele Schaulustige sollen sich am 19. Juli 1510 um den Scheiterhaufen gesammelt haben, als diese Menschen mit Eisenringen um den Hals und an Pfähle geschmiedet qualvoll im Feuer starben.

Fünf Monate zuvor, im Februar, hatte ein Dieb aus der Dorfkirche des Ortes Knoblauch (hieß wirklich so) im Havelland eine vergoldete kupferne Monstranz und eine Messingbüchse mit zwei geweihten Hostien gestohlen. Verdächtigt wurde ob des zurückgelassenen Werkzeuges der Kesselflicker Paul Fromm aus Bernau. Unter Androhung von Folter sagt der Kesselflicker später aus, er habe eine Hostie an den Juden Salomon von Spandau verkauft. Eine willkommene Vorlage, denn nun ließ sich dem Salomon vorwerfen, er habe die Hostie geschändet, indem er sie in drei Teile zerstach und davon einen an Jacob aus Brandenburg schickte. Auch Jacob wird eingesperrt und gesteht unter der Folter, die Hostie erhalten und im Beisein seiner jüdischen Glaubensbrüder auf sie eingestochen zu haben. Es folgen weitere Anklagen, die behaupten, es habe Ritualmorde an christlichen Kindern gegeben, um mit deren Blut Krankheiten zu behandeln. Am Ende werden fast einhundert Juden wegen Verdachts des Hostienfrevels und Ritualmordes nach Berlin gebracht und verhört. Gegen 51 von ihnen wird Anklage erhoben, 41 bekommen den Prozess gemacht, zehn überlebten die Folter nicht oder nahmen sich das Leben. 38 jüdische Menschen sterben auf dem Scheiterhaufen, zwei werden enthauptet, der Kesselflicker und ein Geistlicher werden ebenfalls verbrannt, ein Mensch wird wegen seiner Verdienste als Augenarzt begnadigt, nachdem er konvertierte.

Vor einigen Monaten mussten wir feststellen, dass die Gedenktafel auf dem Stein entwendet worden war. Wir beschlossen, eine neue anfertigen zu lassen. Denn auch wenn das Ereignis, an das der Stein erinnert, mehr als 500 Jahre zurückliegt: Wir wissen, dass Antisemitismus bis zum heutigen Tage Gesellschaften vergiftet und dass es dringend geboten ist, dagegen Haltung zu zeigen.